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Chinandega

Während wir vor geschlossenen Toren auf unsere Einreise nach Nicaragua hofften, haben wir Woyteck, einen in Kalifornien lebenden Polen, und Manuel, einen in Costa Rica lebenden Mexikaner, kennen gelernt. Auf Anhieb war die Stimmung nicht mehr ganz so angespannt und die Stunden, bis die Grenze geöffnet wurde, vergingen wie im Flug. Nachdem wir die Grenze zusammen per Fußmarsch überquert hatten, musste ein Transportmittel gefunden werden, dass uns zumindest in die nächste Stadt bringen würde. Mittlerweile war es nach 19Uhr und der letzte Bus war uns wahrscheinlich gerade vor der Nase weg gefahren. Eigentlich hatten wir alle unterschiedliche Ziele an diesem Tag. Woyteck wollte nach Leon, Manuel direkt weiter nach Costa Rica und wir nach Chinandega. Relativ schnell fanden wir einen in Amerika lebenden und für CNN arbeitenden Honduraner, der uns auf seiner Pick-Up-Ladefläche bis ins 75km entfernte Chinandega mitnahm. Woyteck und Manuel entschieden sich aufgrund der späten Stunde auch in Chinandega zu bleiben und so kam es, dass wir uns ein kleines 4-Bett-Zimmer in dieser Nacht teilten und den weiteren Abend zusammen verbrachten.
Am nächsten Morgen hieß es dann schon wieder Abschied nehmen. Nachdem die E-Mail-Adressen ausgetauscht waren, machten sich Woyteck und Manuel auf ihren Weg und wir begangen mit unserer Mission.
Eigentlich ist Chinandega eine Stadt in Nicaragua, die nicht so viele Reisende aufsuchen, doch wir wollten unbedingt hier hin. Der Grund für unser Interesse an Chinandega liegt bei Jonathan und seiner Familie. Jonathan ist 15 Jahre alt und lebt mit seinen jüngeren Geschwistern, seiner Mutter und seiner Großmutter unter sehr bescheidenen Verhältnissen in Chinandega. Dank einer wundervollen Kooperation, erhält Jonathan von Cans Tante, Onkel und Kusinen finanzielle Unterstützung, die es Jonathan ermöglicht zur Schule zu gehen und etwas aus seinem Leben zu machen. Ohne diese Unterstützung müsste Jonathan wahrscheinlich, wie so viele Jugendliche in Zentralamerika, früh anfangen zu arbeiten und auf eine Ausbildung, die ihm wesentlich mehr Möglichkeiten bietet, verzichten.
An diesem Punkt ein großes Danke Schön von uns an Familie Grisard aus Köln über die selbstlose Art einem fremden Jungen weit entfernt von Deutschland zu helfen und uns dadurch die Möglichkeit zu geben, direkten Kontakt mit Einheimischen aufzunehmen!
Wir hatten eine wage Adressenbeschreibung und ein Foto von Jonathan und seinen Geschwistern als wir uns auf die Suche machten. Der Stadtteil, indem die Familie wohnt, liegt etwas außerhalb des Zentrums und gehört zu den ärmeren Gegenden der Stadt. Wir liefen zu Fuß um flexibler zu sein und mehr von der Umgebung mitzubekommen. Da wir keine Karte von der Stadt hatten, fragten wir uns durch. Nachdem wir wussten, in welche Richtung wir uns ungefähr begeben mussten und uns nette Polizisten darauf hinwiesen, dass wir in der Gegend ein wenig vorsichtiger sein sollten als im Stadtzentrum, wussten wir ungefähr worauf wir uns einließen. Nachdem wir eine weile gelaufen waren, veränderte sich das Bild unserer Umgebung. Während die Häuser immer kleiner wurden und der Asphalt auf der Straße verschwand, konnte man spüren, wie sich auch die Blicke der Leute veränderten. Die Verwunderung der Bewohner über zwei „Weiße“ in dieser Gegend war deutlich zu erkennen. Trotzdem waren auch hier die Menschen nett und hilfsbereit, nachdem man sie gegrüßt und um Auskunft gebeten hatte.
Letztendlich fanden wir die Adresse ohne größere Probleme und platzten, im wahrsten Sinne des Wortes, ohne Ankündigung, durch die Tür. Nachdem wir klar gestellt hatten, wer wir sind und was wir hier überhaupt wollten, lud man uns herein und das Eis war schnell geschmolzen. Jonathan war gar nicht zu Hause und es wurde jemand los geschickt um ihn zu holen. Zu Beginn waren alle sehr verschüchtert und zurückhaltend und wir hatten fast Mühe die Konversation aufrecht zu erhalten. Doch durch unsere kontinuierlichen Fragen und der Klarstellung, dass dies kein Kontrollbesuch ist, sondern einfach nur freundschaftlich und aus reinem Interesse bestand, lockerte sich die Spannung. Jonathan war zunächst sehr schweigsam und seine Mutter übernahm die Unterhaltung für ihn. Nachdem wir einiges Erfahren hatten und man uns Fotoalben von den Kindern gezeigt hatte, wuchs auch das Interesse an uns und wir wurden zögerlich mit der einen oder anderen Frage konfrontiert.
Da wir uns sehr bewusst waren, dass wir hier so einfach rein geplatzt waren und keiner so richtig vorbereitet war, verabschiedeten wir uns nach zwei Stündchen und verabredeten uns für den nächsten Tag zum Fußball spielen.
Als wir am nächsten Morgen wieder auftauchten, hatte Jonathan seine gesamte Klicke mobilisiert und es wurde ein großes Match aufgezogen. Hier einmal wieder mehr der Beweis, dass Sport verbindet und bestens geeignet ist als internationales Kommunikationsmittel. 😉
Während Can sich das zweite Mal innerhalb weniger Tage beim Fußball spielen völlig verausgabte, spielte Anke mit dem Nachwuchs diverse Phantasiespiele.
Anschließend wurden wir noch zum Mittagessen eingeladen, bevor wir uns endgültig verabschiedeten und unsere Reise fortsetzten. An dieser Stelle ein großes Lob und Danke Schön an Anke für großartige Übersetzungsleistungen ohne die dieser Besuch in dieser Form nicht möglich gewesen wäre.

 

Leon

Nachdem wir Chinandega wieder verlassen hatten, kamen wir nach Leon. Leon und Granada sind die mit Abstand aeltesten Staedte in Nicaragua und kurz nach der Ankuft der Spanier entstanden. Durch den kolonialen Einfluss sieht das Stadtbild etwas anders aus als in typisch zentralamerikanischen Orten. Das auffaelligste Merkmal ist die grosse Anzahl an Kirchen, aber auch die einstoeckigen, bunten Haeuser mit Innenhof stehen fuer Leon und Granada.
In Chinandega haben wir noch nicht realisiert, dass Nicaragua mehr Touristen als El Salvador oder Honduras begruesst, doch spaetestens in Leon war klar, Nicaragua ist mittlerweile ein sehr beliebtes Reiseziel fuer viele geworden. Dementsprechend gibt es Supermaerkte, Boutiken und Unterkuenfte in allen Preiskategorien. Nachdem wir zwei Tage lang durch die Strassen gewandert sind und uns alles Sehenswerte angeschaut hatten, zog es uns wieder weiter. Leon ist der perfekte Ort fuer Ausflugstouren in die Nahe Umgebung zu Vulkanen und Straenden, doch uns war zu diesem Zeitpunkt nicht nach ueberteuerten Touritouren und so entschieden wir uns in die Berge von Nicaragua zu fahren.

 

Esteli – Miraflor

Mit dem Bus fuhren wir also von Leon nach Esteli, einer Stadt im Hochland, mitten in den Bergen. Esteli selber ist ein kleiner, nicht wirklich spannender Ort, den Besucher nur als Ausgangspunkt fuer das in der Naehe gelegene Naturreservat Miraflor aufsuchen. Auch fuer uns war dies der Fall und nach einer Nacht fuehrte uns unser Weg in die „Finca del Fuente“. Nach einer sehr holprigen Busfahrt und einem zwei Kilometer langem Marsch fanden wir unser Ziel und quartieren uns fuer zwei Naechte in einer zweistoeckigen Holzhuette ein. Strom gab es nur zwischen 18Uhr und 20Uhr und Essen wurde drei mal taeglich von der dort lebenden Familie zubereitet.
Leider regenete es viel und unsere Aktivitaeten beschraenkten sich auf kurze Spaziergeange, lesen und essen.

 

Managua

Nachdem wir die Berge wieder verlassen hatten, ging’s mit dem Bus in die Hauptstadt Managua. Wir hatten schon einiges ueber Managua gehoert und viel positives ist uns dabei nicht zu Ohren gekommen. Managua hat seit einem Erdbeben 1972??? kein richtiges Zentrum mehr und besteht aus zerkluefteten Stadtteilen. Zudem gehoert diese Stadt erstaunlicherweise zu den gefaehrlichsten Staedten in Zentralamerika und wir wurden nicht nur einmal darauf aufmerksam gemacht, dass wir nicht ueberall herumlaufen sollten und immer mit einem Taxi zu unseren Zielen fahren sollten. Den Nachmittag nach unserer Ankuft verbrachten wir in einer Shopping Mall und Abends sind wir ins Kino gegangen und haben uns „My Sister’s Keeper“ angeschaut. Keine Ahnung wie der Filmtitel in Deutschland lautet. 😉 Am Vormittag des naechsten Morgens besichtgten wir das alte Zentrum und die Uferpromenade des Lago de Nicaragua, bevor wir gegen Mittag mit dem Bus nach Granada aufbrachen.

 

Granada

Granada ist, wie oben schon kurz angedeutet, die zweite Kolonialstadt in Nicaragua. Die Stadt ist sehr gepflegt und gut erhalten und es sind uns niergendwo mehr Touristen begegnet in Nicaragua als hier. Auch die etwas wohlhabendere Schicht der Nicaraguaner lebt hier und leasst es sich gut gehen. Neben hunderten von Unterkuenften gibt zahlreiche gute Restaurants und wir haben es uns ein paar Tage richtig gut gehen lassen. Da die zentralamerikanische Kueche nicht wirklich sehr abwechslungsreich ist und man eigentlich nur Reis mit Huehnchen und Bohnen kennt, waren wir gluecklich ueber Pizza und Pasta in guter Qualitaet. 😉 Unser Tagesablauf beschreankte sich auf Essen und leckere Milchshakes schluerfen, herumspazieren und die Sonne geniessen.

 

Isla de Ometepe

Unser naechster Stopp war eine Insel im Lago de Nicaragua, die durch die Ausbrueche zweier Vulkane entstanden ist. Die Isla de Ometepe ist nicht wirklich gut erschlossen, aber bietet einiges an Aktivitaeten an. Eine dreistuendige Faehrfahrt brachte uns von Granada direkt auf die Insel. Dort versuchten wir am naechsten Morgen in aller Fruehe den groesseren der beiden Vulkane zu besteigen, mussten aber aufgrund der Steigung und der fruehen Stunde auf halbem Wege aufgeben. Den Nachmittag verbrachten wir am Strand Santa Domingo. Die Hinfahrt mit dem Bus war noch kein Problem, doch zurueck sollten uns alle Busse im Stich lassen, so dass wir letztendlich per Anhalter wieder zu unserer Unterkunft kamen.
Am naechsten Morgen siedelten wir auf die andere Seite der Insel und quartierten uns mit unserem Zelt direkt am Seeufer in der Hacienda Merida ein. Dort gefiel es uns auf Anhieb und wir blieben drei Naechte. Waehrend unseres Aufenthaltes mieteten wir uns Kanus und paddelten durch die Gegend und umrundeten den kleinen Vulkan mit dem Fahrrad, was sich als echte Herausforderung herausstellte. Die Strecke betrug 38km, was mit einem Fahrrad nicht die groesste Herausforderung darstellt. Allerdings sind die Strassen auf der Insel nicht in der besten Verfassung und 38km koennen sehr anstrengend werden, wenn die Strassen aus Geroell und Schlamm bestehen und fortwaehrend auf und ab gehen. Zudem setzte am Nachmittag noch ein monsunartiger Regenschauer ein, der das Abenteuer perfekt machte. Als wir wieder an unserer Unterkunft ankamen, waren wir, auch wenn Anke fix und fertig war und Cans Hintern hoellisch schmerzte, gluecklich und genossen unsere Dusche und den anschliessenden Sonnenuntergang.
Eine Wanderung zu einem drei Kilometer entfernten Wasserfall machte unseren Aufenthalt perfekt und wir verliessen die Insel nach unserer vierten Nacht mit einem sehr positiven Eindruck.

 

San Juan del Sur

Unser naechstes Ziel war nicht weit entfernt und trotzdem mal wieder eine ganz andere Welt. San Juan del Sur liegt an der Pazifikkueste und ist eine Touri- und Surferhochburg. Hier trafen wir unseren Freund Jeff wieder, den wir in El Salvador kennen gelernt hatten und zusammen wurde sich die naechsten Tage auf dem Surfbrett versucht. Am Ende sind wir fast eine Woche geblieben und haben unsere Zeit sehr genossen. Surfen ist eine sehr spezielle Sportart. Man braucht gewisse Faehigkeiten und eine Menge Ausdauer und Geduld. Man kann schnell sagen, ob Surfen einem liegt oder nicht. Auch wenn wir innerhalb der einen Woche noch keine wirklichen Wellen gesurft sind, hatten wir tierischen Spass und haben uns taeglich verbessert. Mit noch mehr Zeit und noch viel mehr Geduld koennte aus uns drei ein pasabler Surfer werden. 😉 Mal sehen, wann wir uns das naechste mal auf dem Brett versuchen. Von San Juan del Sur fuehrte uns unser Weg auf jeden Fall direkt nach Cost Rica!!!

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